Die "Märzrevolution" in Lohmar
In der Februar Revolution 1848 in Frankreich wurde der König zur Abdankung und zur Flucht gezwungen und die Zweite franz. Republik ausgerufen. Die Nachricht vom gelungenen Aufstand in Frankreich setzte die "März-Revolution" in Deutschland in Gang. In Lohmar war in dieser Zeit Josef Busbach Bürgermeister (1840 – 1851). Er hatte das Bürgermeisteramt von Haus Rottland in Donrath in den Frohnhof – eines der ältesten Gebäude im Kirchdorf in Lohmar - verlegt. Von Ereignissen in Lohmar, die er als 11jähriger um 1848/49 erlebt hatte, erzählte der 93jährige Jakob Gerhards 1930 dem Lehrer Karl Schmidt. Bernhard Walterscheid Müller hat sie in der Schulchronik festgehalten:
„Es war an einem Märztag, als das sonst so ruhige, friedliche Leben im Dorf in Unruhe und Bewegung geriet. Schon den ganzen Morgen hatten sich Gruppen von Männern auf der Straße versammelt, um schlimme Nachrichten von draußen zu diskutieren. Am Abend sollte im Gasthof „Zum Schwanen“ im alten Backeshof neben dem heutigen neuerbauten Schwanenhof (2020 wurde die Gaststätte endgültig geschlossen) eine Zusammenkunft alter Männer stattfinden. Die Gebrüder van der Vieven würden als die führenden Demokraten des Dorfes sprechen. Mit Anbruch der Dunkelheit gingen die Männer, teils mit Gewehren bewaffnet, zum Lokal. Einige wurden von ihren Frauen begleitet, die ihre „Helden" aufzuhalten trachteten. Auf dem Tisch stand einer der Gebrüder van der Vieven, von Beifall häufig unterbrochen, lautstark über Freiheit, Mitverantwortung in Staat und Gemeinde und über den drillhaften preußischen Kommiß sich auslassend. Frauen und Jugendliche standen draußen an den Fenstern, ergriffen lauschend. Drinnen war die Stimmung dem Siedepunkt nahe.
Spät in der Nacht zogen die zum Kampf Entschlossenen mit Hochrufen zur Bachwiese unten an der Agger, um Kugeln für die Gewehre zu gießen. Mutspendend tat der vom „Schwanen“ mitgenommene Korn seine Wirkung.
Zur ersten Revolutionstat schreitend, zogen die Männer am Morgen vor die Amtsstube des Bürgermeisters Busbach im uralten Fronhof an der Kirche. Als Busbach die bewaffneten, wild gestikulierenden Gestalten vor seinem Hause sah, trat er mit seinem weinenden Töchterehen vor die Türe, um die Leute zu beruhigen. Doch als er die Forderungen der Deputation ablehnte, gerieten die Aufständischen in eine solche Erregung, daß der ältere der Gebrüder van der Vieven sein Gewehr hob und zu seinem Bruder laut sagte: „Soll ech'n nämme?“ (Sol! ich ihn aufs Korn nehmen?) Aber der besonnenere Bruder, ihm die Waffe aus der Hand reißend, rief: „Bess’de verök, mach dech net unjlöklech!“
In diesem Augenblick kam keuchend eine Frau herbeigelaufen und schrie den Männern zu: „Maat öch vott, de Bonne Soldate sen en Sieborech on han de Studente usenande jedrevve, die et Zeuchhuus stürme wollte!“ (Macht euch fort, die Bonner Soldaten sind in Siegburg und haben die Studenten auseinandergetrieben, die das Zeughaus stürmen wollten!). Sofort stoben unsere Lohmarer Helden auseinander, um ihre „Knarren“ im hintersten Winkel zu verstecken. Jedem sichtbar, zeigte sich das Dorf im tiefsten Frieden und sie sich selbst als „treue Untertanen des Königs“.“
Der Sturm auf das Siegburger Zeughaus 1849 ging von einer etwa 100 Mann starken Truppe aus Bonn aus und endete in einem Fiasko. Im Zeughaus lagerten Waffen, deren man sich bemächtigen wollte, um die Errungenschaften der Revolution zu verteidigen. Kurz nachdem die Freischärler das rechtsrheinische Gebiet betreten hatten, wurden sie von Dragonern widerstandslos in alle Himmelsrichtungen zersprengt.
Information
Quellenangabe
Bernhard Walterscheid-Müller, Die Schulen im Ort Lohmar, 1986
Lohmarer Heimatblätter, Nr. 33. S. 27 - 32
Siegburg aktuell vom 11. Mai 2019, siegburg.de/stadt/newsletter/nl/95041/index.html
Autor(en)
Bernhard Walterscheid-Müller, Wolfgang RögerZuletzt angesehen: | 30.11.2024, 06:04 |
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Querverweise
Zugehörige Dokumente
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1666
- 1958 Der Backeshof wird bereits 1666 in der Erbhuldigungsliste urkundlich erwähnt und lag in der Flur und Gewannebezeichnung „Backesgarten“. Sie gehörte neben dem Griesberg (heute Kieselhöhe), dem Vogtshof, dem Linden- und Schmitthof sowie der Mühle zum... Der Backeshof wird bereits 1666 in der Erbhuldigungsliste urkundlich erwähnt und lag in der Flur und Gewannebezeichnung „Backesgarten“. Sie gehörte neben dem Griesberg (heute Kieselhöhe), dem Vogtshof, dem Linden- und Schmitthof sowie der Mühle zum Oberdorf. Mitte des 19. Jahrhunderts teilte sich die Ortsbesiedlung in Lohmar in das Kirchdorf, das Unterdorf und das Oberdorf. Das Haus- und Hofgrundstück befand sich auf den Parzellen 372 und 371, heute Bachstraße 6. Die Hofanlage ist ursprünglich ein landwirtschaftliches Anwesen des 17.-18. Jahrhunderts gewesen. 1836 erscheint urkundlich der Gastwirt Nikolaus Weingarten in Lohmar. Er ist in der Ur-Flurkarte von 1823 im Backesgarten als Eigentümer des Flurstücks 372 eingetragen. 1846 ist Johann Weingarten Wirt und Barriereempfänger, d.h. er hatte entweder von der Rheinprovinzialverwaltung oder der Gemeinde die Erlaubnis zur Chausseegelderhebung für die Finanzierung und Unterhaltung der neuen Straße von Beuel über Siegburg nach Overath (Chausseebau um 1845) erhalten. 1895 wurde der Hof mit Gaststube an Wilhelm Lehr verkauft. Er ließ keine Gelegenheit aus, weiteres Kulturland um seinen Hof und auch weiter abgelegene Gemarkungsteile zu kaufen. 1900 hatte er einen Besitz von 4 Hektar 24 AR und 52 Meter. Trotzdem reichten die Ackerlandflächen nicht aus für eine Vollbauernstelle. Wilhelm Lehr war nicht nur Ackerer, sondern auch Holzschneider und Fährmann an der Agger. Er verstarb 1906. Die Geschichte um den Backeshof hat Lothar Faßbender ausführlich in einem Beitrag für die Lohmarer Heimatblätter beschrieben, siehe Dokument. Er bietet interessante Erkenntnisse über die ersten Siedlungsansätze des Areals wischen der heutigen Rathausstraße, Bachstraße, Poststraße und Hauptstraße. Es wird deutlich, dass die historische Kulturlandschaft mit dem vorherrschenden kleinbäuerlichen Landbesitz, wie auch anderswo im Dorf, relativ schnell zerstört worden ist.
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