Bürgermeisteramt
In einem Gespräch mit Hans Dieter Heimig im Jahre 1978 erzählt Josef Kümmler, Jahrgang 1894 und Peter Büscher, Jahrgang 1901 von der Zeit als das Bürgermeisteramt in Lohmar, Hauptstraße 27 gebaut wurde.
Im April 1908 bezog der damalige Bürgermeister Ludwig Postorff mit seiner Verwaltung das neu errichtete Bürgermeisteramt. Bis dahin hatte er in Donrath residiert. Die Bedeutung von Lohmar als Zentralort des Amtes und seiner Gemeinden nahm seitdem ständig zu.
Information
Quellenangabe
Sonderausgabe LHBl 1991, S. 42
Tonaufnahme HD Heimig
Autor(en)
HD Heimig; B. Walterscheid-Müller, H. HennekeuserZuletzt angesehen: | 21.04.2025, 04:21 |
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Querverweise
Zugehörige Bilder
Eine der bemerkenswerten Postkarten aus der Sammlung Hans-Günter Pick dokumentiert die Neubauphase des Bürgermeisteramtes von Lohmar, Hauptstraße 25, um 1908. Die Karte mit einem Poststempel vom 10.8.1910 zeigt das älteste bekannte Foto des neuen Amtsgebäudes, das gleichzeitig zunächst das Wohnhaus des Bürgermeisters Polstorff war. Der Bau dieses Gebäudes wurde, nach langen Grundsatzdiskussionen unter den Gemeindevertretern, 1906 in Lohmar Ort bewilligt und 1908 fertiggestellt. Zunächst bestanden die Vertreter der Gemeinden Scheiderhöhe, Halberg, Breidt und Inger darauf, den Dienstsitz erneut in Donrath zu errichten. Sie besaßen in der Amtsvertretung eine Mehrheit von einer Stimme. Bürgermeister Polstorff und die Lohmarer Vertreter, konnten jedoch einen Scheiderhöher Vertreter überreden, sich für die fragliche Sitzung krank zumelden. Bei der Patt-Situation (8 : 8) konnte dann Bürgermeister Polstorff mit seiner Stimme als Vorsitzender des Rates den Ausschlag geben, für Lohmarr zu entscheiden. Die ersten Planungen sahen vor, das Amtsgebäude auf dem Grundstück zu errichten, wo das heutige Rathaus steht. Dieses Grundstück lag aber in der 5 km Zone von Siegburg, in der keine Reisespesen anfielen. Der Rat folgte dem Antrag des Bürgermeisters Polstorff, außerhalb der 5 km Zone zu bauen. Hieran wurde noch Jahre nach der Fertigstellung heftige Kritik geübt. Den Rohbau erstellte der Maurermeister Adam van der Viven aus Sottenbach.
Da der Baukörper noch unverputzt ist, kann man daraus schließen, dass der Bau gerade fertiggestellt worden ist bzw. die Ausbauarbeiten noch nicht ganz abgeschlossen sind (am Balkon des 1. Obergeschosses fehlt noch das Geländer, wie auch das Treppengeländer des Diensteingangs und der Stabgitterzaun der Grundstücksumwehrung). Im Erdgeschoss waren lediglich zwei Räume für Amtsgeschäfte hergerichtet, ein Dienstzimmer des Bürgermeisters und ein größeres, wahrscheinlich der Anbau im Norden für Angestellte. Die Hauptstraße, mit Blickrichtung Süden bis zur Straßenkrümmung Ecke Kirchstraße, zeigt bereits die noch jungen Lindenbäume, die die Obstbäume zu Anfang des 20. Jahrhunderts ersetzten. Rechts und links der Straße erkennt man noch offene Gräben für das Regenwasser. Die Chaussee hatte noch die zeitgenössische Schotterdecke und eine festgewalzte Sand- oder Feinkiesschicht als Verschleißschicht. Das nächste Haus auf der linken Seite ist der Backsteinbau von Josef Rörig. Hier hat bis zum Abbruch 1997 zum Bau des neuen Stadthauses der ehemalige Kämmerer der Stadt Josef Rörig (II) gewohnt. Ansonsten säumten noch überwiegend Fachwerkbauten die Hauptstraße. Kraftfahrzeuge verkehrten auf der Provinzialstraße noch so gut wie gar nicht, die Straße ist wie leer gefegt.
Auf einem Foto aus der Mitte der 1930er Jahre haben sich fast alle Bediensteten der Gemeindeverwaltung auf der Treppe zum Eingang des Bürgermeisteramtes aufgestellt. Der spätere Eingang zum Bürgermeisteramt war um diese Zeit die Haustür zur Privatwohnung von Bürgermeister Polstorff und zur Gemeindekasse. Links durch das Törchen ging es zu einem kleinen Gefängnis, zu dem man über eine Treppe auf der Rückseite des Gebäudes gelangte, die in den Keller führte. In diesem Gefängnis musste einmal in seiner Kinderzeit Raimund Schüller mit seinem Freund Wilfried Priel für ein paar Stunden einsitzen. Hinter dem Amtsgebäude war ein für Kinder beliebter Obstbungert des Landwirts aus der Burg, Heinrich Wasser; dort hatte Polizeimeister Penquitt die beiden beim Äpfelklauen erwischt.
Ludwig Polstorff wurde 1862 in Güstrow (Mecklenburg-Schwerin) geboren, ging nach dem „Einjährigen“ zum preußischen Militär und wurde 1885 ins Rheinland versetzt. 1892 heiratete er hier seine Frau Auguste Diederichs. Er war evangelisch, sie katholisch; daher mußte er aus der Armee austreten. Mit seiner Ehefrau hatte er drei Kinder, die er katholisch erziehen ließ. Von 1896 bis 1906 war Ludwig Polstorff Bürgermeister in Zerf bei Trier und kam 1906 nach Lohmar, wo er vom 1.4.1906 bis zum 31.12.1927 ebenfalls das Amt des Bürgermeisters ausübte. Hier baute er an der Hauptstraße (heute Nr. 25) ein neues Bürgermeisteramt, das 1908 bezogen wurde. Er sorgte für eine zentrale Wasserversorgung und für Gas und Strom in Lohmar, nahm teil am passiven Widerstand gegen die französische Besatzung nach dem Ersten Weltkrieg und wurde deshalb als missliebige Person für 1½ Jahre ausgewiesen. Ludwig Polstorff hat sich nicht nur in seinem Amt, sondern auch um die Minderheit der evangelischen Einwohner verdient gemacht. (Quelle: Festschrift der Evangelischen Kirchengemeinde Lohmar, Lohmar 1989, Seite 39ff.) Am 6.12.1906 hat Polstorff den „Bienenzuchtverein Lohmar und Umgegend e.V.“ gegründet und war bis 1943 deren Vorsitzender. Ferner gründete er am 9.6.1909 den „Kreisbienenzuchtverband Sieg“ und blieb deren Vorsitzender bis 1946.