Der Backeshof - Schwanenhof - in der Lohmarer Bachstraße
Der Backeshof wird bereits 1666 in der Erbhuldigungsliste urkundlich erwähnt und lag in der Flur und Gewannebezeichnung „Backesgarten“. Sie gehörte neben dem Griesberg (heute Kieselhöhe), dem Vogtshof, dem Linden- und Schmitthof sowie der Mühle zum Oberdorf. Mitte des 19. Jahrhunderts teilte sich die Ortsbesiedlung in Lohmar in das Kirchdorf, das Unterdorf und das Oberdorf. Das Haus- und Hofgrundstück befand sich auf den Parzellen 372 und 371, heute Bachstraße 6.
Die Hofanlage ist ursprünglich ein landwirtschaftliches Anwesen des 17.-18. Jahrhunderts gewesen. 1836 erscheint urkundlich der Gastwirt Nikolaus Weingarten in Lohmar. Er ist in der Ur-Flurkarte von 1823 im Backesgarten als Eigentümer des Flurstücks 372 eingetragen. 1846 ist Johann Weingarten Wirt und Barriereempfänger, d.h. er hatte entweder von der Rheinprovinzialverwaltung oder der Gemeinde die Erlaubnis zur Chausseegelderhebung für die Finanzierung und Unterhaltung der neuen Straße von Beuel über Siegburg nach Overath (Chausseebau um 1845) erhalten. 1895 wurde der Hof mit Gaststube an Wilhelm Lehr verkauft. Er ließ keine Gelegenheit aus, weiteres Kulturland um seinen Hof und auch weiter abgelegene Gemarkungsteile zu kaufen. 1900 hatte er einen Besitz von 4 Hektar 24 AR und 52 Meter. Trotzdem reichten die Ackerlandflächen nicht aus für eine Vollbauernstelle. Wilhelm Lehr war nicht nur Ackerer, sondern auch Holzschneider und Fährmann an der Agger. Er verstarb 1906.
In der Küche des Fachwerkwohnhauses wurde später die Idee zum Bau des Hotels und Restaurants „Schwanenhof“ geboren, das vom Lohmarer Architekt Siegfried Aust entworfen wurde. Wilhelms Sohn Anton, der den Hof übernommen hatte, ließ 1958 den „Schwanenhof“ bauen. Im Zusammenhang mit diesem Neubau und der Bebauung der Anliegerstraße „Im Backesgarten“ wurden die alten Fachwerkgebäude abgerissen. Der „Schwanenhof“ wurde als Hotel und Gaststätte bis 2020 betrieben und danach endgültig geschlossen.
Die Geschichte um den Backeshof hat Lothar Faßbender ausführlich in einem Beitrag für die Lohmarer Heimatblätter beschrieben, siehe Dokument. Er bietet interessante Erkenntnisse über die ersten Siedlungsansätze des Areals wischen der heutigen Rathausstraße, Bachstraße, Poststraße und Hauptstraße. Es wird deutlich, dass die historische Kulturlandschaft mit dem vorherrschenden kleinbäuerlichen Landbesitz, wie auch anderswo im Dorf, relativ schnell zerstört worden ist.
Information
Dokument
Quellenangabe
Lohmarer Heimatblätter, Nr. 24, S. 100 - 109
Autor(en)
Lothar FaßbenderZuletzt angesehen: | 22.03.2025, 09:53 |
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Querverweise
Zugehörige Bilder
„Im Backesgarten“ heißt heute die Sackgasse, die von der Hauptstraße zwischen dem Schuhhaus Palm (Nr. 53) und der Lindenapotheke (Nr. 55) in Richtung Bachstraße führt. Dort stand am unteren Ende (damals Bachstraße Nr. 23) das Haus Lehr – der ehemalige „Backeshof“.
Auf dem Foto von etwa 1920 sieht man vor dem Haus Lehr von links nach rechts: Josef Lehr, Maria Lehr (Ehefrau von Wilhelm Lehr), Frau Vogt (aus Köln) und ihre Kinder Martha und Else, Grete Rembold verh. Lehr, Maria Ennenbach geb. Lehr und Wilhelm Lehr.
Seinerzeit, als der Dorfbach (Auelsbach) noch offen entlang der Bachstraße verlief, war die Straße ein mehr oder weniger unbefestigter, besserer Feldweg nur durch einen schmalen Grasstreifen vom Bach abgetrennt Das Grundstück mit dem Fachwerkhaus war gegenüber dem Gemeindeweg etwas abgesenkt. Man erreichte es über einen kleinen Verbindungsweg mit einem Fußsteg über den Auelsbach. Überflutungen der Grundstücke waren seinerzeit keine Seltenheit, dabei lief das Wasser auch in die, nur durch eine Schwelle erhöhte Wohngebäude. Erst 1928 entschloss man sich die Bachstraße auszubauen und rund 3 Dekaden später den fast kompletten Bachlaufinnerhalb des Dorfes zu verrohren. Zur Zeit der Ur-Flurkarte von 1823 sind für das auf dem Bild ersichtliche Doppelhaus, Parzelle 70 einer namens Peter Altwickler und für die andere Hälfte, Parzelle 71 Peter Wiedenhöfer, als Eigentümer verzeichnet. Die Namen der Personen auf dem Bild sind leider nicht mehr auszumachen.
Zugehörige Begebenheiten
In der Februar Revolution 1848 in Frankreich wurde der König zur Abdankung und zur Flucht gezwungen und die Zweite franz. Republik ausgerufen. Die Nachricht vom gelungenen Aufstand in Frankreich setzte die "März-Revolution" in Deutschland in Gang.... In der Februar Revolution 1848 in Frankreich wurde der König zur Abdankung und zur Flucht gezwungen und die Zweite franz. Republik ausgerufen. Die Nachricht vom gelungenen Aufstand in Frankreich setzte die "März-Revolution" in Deutschland in Gang. In Lohmar war in dieser Zeit Josef Busbach Bürgermeister (1840 – 1851). Er hatte das Bürgermeisteramt von Haus Rottland in Donrath in den Frohnhof – eines der ältesten Gebäude im Kirchdorf in Lohmar - verlegt. Von Ereignissen in Lohmar, die er als 11jähriger um 1848/49 erlebt hatte, erzählte der 93jährige Jakob Gerhards 1930 dem Lehrer Karl Schmidt. Bernhard Walterscheid Müller hat sie in der Schulchronik festgehalten: „Es war an einem Märztag, als das sonst so ruhige, friedliche Leben im Dorf in Unruhe und Bewegung geriet. Schon den ganzen Morgen hatten sich Gruppen von Männern auf der Straße versammelt, um schlimme Nachrichten von draußen zu diskutieren. Am Abend sollte im Gasthof „Zum Schwanen“ im alten Backeshof neben dem heutigen neuerbauten Schwanenhof (2020 wurde die Gaststätte endgültig geschlossen) eine Zusammenkunft alter Männer stattfinden. Die Gebrüder van der Vieven würden als die führenden Demokraten des Dorfes sprechen. Mit Anbruch der Dunkelheit gingen die Männer, teils mit Gewehren bewaffnet, zum Lokal. Einige wurden von ihren Frauen begleitet, die ihre „Helden" aufzuhalten trachteten. Auf dem Tisch stand einer der Gebrüder van der Vieven, von Beifall häufig unterbrochen, lautstark über Freiheit, Mitverantwortung in Staat und Gemeinde und über den drillhaften preußischen Kommiß sich auslassend. Frauen und Jugendliche standen draußen an den Fenstern, ergriffen lauschend. Drinnen war die Stimmung dem Siedepunkt nahe. Der Sturm auf das Siegburger Zeughaus 1849 ging von einer etwa 100 Mann starken Truppe aus Bonn aus und endete in einem Fiasko. Im Zeughaus lagerten Waffen, deren man sich bemächtigen wollte, um die Errungenschaften der Revolution zu verteidigen. Kurz nachdem die Freischärler das rechtsrheinische Gebiet betreten hatten, wurden sie von Dragonern widerstandslos in alle Himmelsrichtungen zersprengt.
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