Der Ort liegt westlich von Birk auf einem von West nach Ost verlaufenden Bergriedel. Trotz der vielen Abwandlungen des Siedlungsnamens und der sehr frühen Namensbelege ist die Bedeutung des Wortes Inger unbekannt.
In einer Urkunde vor dem 4. Dez. 1075 (1075 vor Dezember 4) bekundet Erzbischof Anno II. von Köln die Gründung des Klosters Siegburg, legt dessen Rechtsstellung fest und führt dessen Besitz auf. Darunter befinden sich 9 Mansen oder Hufen Land zu Inger. In der Urkunde heißt es: „De beneficio Regimari in Mulindorf, Truhtesdorf et in Inere Vllll mansi et in Kazbach...“ = Vom Lehen des Regimar in Mülldorf, Troisdorf und in Inger 9 Mansus und in Katzbach... In der gleichen Urkunde wurde bestimmt, daß die Bewohner von Inger am zweiten von drei festgesetzten Tagen vor dem abteilichen Gericht zu Siegburg erscheinen mußten. Ähnliches finden wir in weiteren Urkunden von 1076-1078 und um 1105. Am 28. Nov. 1109 bestätigt Papst Paschalis II. die Besitzungen des Klosters Siegburg, darunter auch die Besitzung in Inere. In einer Urkunde vom 9. Mai 1174, nach der Kaiser Friedrich I. das Kloster Siegburg und seine Besitzungen in seinen Schutz nimmt, lautet die Schreibweise Inre.
Auch im Siegburger Mirakelbuch von 1183 befindet sich die gleiche Bezeichnung: „Puella de villa, cui Inre vocabulum est,...„ Hier wird erzählt, daß ein Mädchen aus Inger durch eine verborgene und den Frauen eigene Krankheit, die es nur unwillig eingestand, befallen war. Als es sein Gelübde und sein Gebet zum hl. Anno vollendet hatte, kehrte es gesund und froh nach Hause zurück.
Nach 40 Jahren taucht in einer Urkunde von 1223 für Inger die Schreibweise Ynre auf. Erzbischof Engelbert I. von Köln bestätigt hier abermals die Besitzungen des Klosters Siegburg. Die gleiche Bezeichnung Ynre enthält eine Urkunde vom 16. Mai 1395, nach der Kunigunde, die Witwe Heinrichs von Aldenach, Ländereien im Kirchspiel Lohmar in Erbpacht nimmt: einen Morgen Ackerland, gelegen „bi Erve Eilges van Ynre“.
Zu den Mitbegründern der Birker Marienbruderschaft im Jahre 1503 zählen „hennes tzilgen eidom van Ynger, moen tzilge van Ynger, hennes van Ynger, der son (wahrscheinlich der Sohn des Druyck van Aldenach) van Ynger und greitgyn greten dochter van Ynger“. Ein am 1.8.1538 aufgestelltes Register der Mitglieder der Birker Marienbruderschaft ist u. a. auch von einem „Johannes am Pütz zu Ingeren“ unterzeichnet.
Bei der „Auftragung der Untersassen des Herzogtums Berg“ aus dem Jahre 1487 erklärt sich ein „koen van ynnere“ bereit, seinem Herzog mit einem Darlehen auszuhelfen.
Nach der „Erkundigung über die Gerichtsverhältnisse im Herzogtum Berg“, hier Amt Blankenberg, vom 15. 5.1555 bestand zu Engern ein Hofgericht der Minoriten zu Seligenthal.
Aus dem Pastoratslagerbuch von Lohmar aus dem Jahre 1582 erfahren wir, daß die Pfarre Lohmar zu Inger einen Hof besaß, für den der jeweilige Pächter an den „zeitlichen pastor“ zu Lohmar die Pacht in Form von Naturalien, Geld und Diensten zu entrichten hatte. Es heißt: „Villa in Inger: Der Inger hoff gebe jahrligst wie folgt: septemdecim maldera siliginis (Weizenmehl), 10 maldera avena (Hafer), 1 sester erbsen oder weitze, 100 eyer, 3 par höner, 8 pfund wohlgehechelten flachst, 4 maßen butter mit der uettmaßen gemeßen, und zwey gute Käse, ein pfund pfeffer und ein pfund genyber, einen golt gl zum newen Jahr, ein fett Kalb, sonder buschen schoeff zu behueff des Widenhoffß, ein Viertel holtz auf die sieg auf sein Kosten fahren oder ein halb Viertel auf sundorff; Item soll er alle Jahr drey tag mit dem pferd dinen auf seine Kosten, nur daß ich den Knecht soll beköstigen; 2 die beste säw“. An anderer Stelle heißt es: „Auß Inger gibt Jahnnes auf dem heufei gegen dem pütz über also beßgen seelig gewohnt hatt jährligs zwey höner“.
Aus dem Rent und Lagerbuch des Amtes Blankenberg aus dem Jahre 1644 erfahren wir, daß die Honschaften „Haiberich und Ingern“ auf der Bicher Mühle (Siehe Seite 272) ihr Getreide mahlen lassen mußten. Bei der Auflistung der Adelshöfe im Kirchspiel Lohmar heißt es: „Junker Schenkern zu Unterbach hat auch alhir einen Hof zu Ingern, so frey ist. Woraufer zu Feit ziehen 3 Pfert“. Auch ein geistlicher Hof wird genannt: „Item mehrgenannter Herr Pastor hat auch noch ein Hofgen alhir in Ingeren Hontschaft. Woraufer zum Ackerbaw gehet... 1 Pfert“. Grundbesitz, der zu diesem Pastoratshof gehörte, ist heute noch im Besitz der Lohmarer Pfarrei.
Auch die Limiten (Grenzen) der „Innger Hondtschafft“ werden 1644 neu beschrieben (Siehe Anhang Nr. 20). Sie sind mit Datum vom 14. 7.1644 unterschrieben von „Peter Wißman Ambtknecht deß Kyrßpelß Lohmar und heinrich hermerott scheffen deß Landtgerichtes Neunkirchen“. Diese Unterschriften sowie die eines Conradt Putz und und Heinrich Roerich finden wir auf allen Erhebungen jener Zeit.
Mindestens 16 Namen von Grundbesitzern erfahren wir aus den Heberegistern des Amtes Blankenberg aus dem Jahre 1644: „Peter am dohr, Gotthart Putz, Conradt Putz (siehe oben), Johan Schmit, Heinrich Hermerot (siehe oben), Heinrich am Putz, Geörgh Kornhauß“, um nur einige zu nenen. Gleiche und auch weitere Namen finden wir in der Auflistung der Vogteien in der Honschaft Inger aus dem Jahre 1646, außerdem die Namen der Güter: „Wießmans guett, das Pastor guett, Schinkernshoff, heitges hoff“, ebenfalls in der „Erbhuldigungsliste“ von 1666. Aus dieser Liste geht hervor, daß damals 14 Haushaltsvorstände aus Inger und 43 aus der gesamten Honschaft den Erbhuldigungseid leisteten.
Fassen wir alle diese Einzelheiten zusammen, müssen wir erkennen, daß Inger nicht nur für die gleichnamige Honschaft, sondern auch für das Kirchspiel Lohmar eine überaus wichtige Rolle spielte. Vielleicht liegt hierin auch der Grund, daß Inger bis in unser Jahrhundert hinein nach Lohmar und Altenrath der drittgrößte Ort in der Bürgermeisterei Lohmar wurde. 1829 wohnten in Inger 160 Personen an 37 Feuerstellen. 1840 zählte der Ort 193 und 1843 sogar 225 Einwohner. Dann ging die Einwohnerzahl geringfügig zurück: 1851 wurden 214 und 1872 216 Bewohner in 38 Häusern gezählt Weitere Schreibweisen für Inger finden wir in den Taufbüchern von Lohmar, und zwar 1699 und 1702 Ingerrn, ferner auf der Ploennis-Karte von 1715 (9) wie auch auf der Wiebeking-Karte von 1790 (10) Enger. In den Wertieru. Landmaßbüchern von Inger aus dem Jahre 1711 und von Lohmar aus dem Jahre 1746 lautet die Schreibweise bereits Inger.
Der Ort hat seine große Bedeutung als Bauerndorf und als Verwaltungssitz der ehemaligen Gemeinde Inger 1969 mit der kommunalen Neuordnung verloren.
Schauen wir jedoch zurück in die Zeit um 1900, so stellen wir fest, dass Inger nach Altenrath (ca. 570 Einwohner) und Lohmar (ca. 500 Einwohner) mit ca 220 Einwohnern der drittgrößte Ort in der Bürgermeisterei Lohmar war. Das erklärt auch den hohen Anteil an alter Bausubstanz, der bis heute erhalten blieb. Die vielen, meist gut gepflegten und restaurierten Fachwerkhäuser sind charakteristisch für Inger.
Ingerberg (Wüstung)
Wahrscheinlich hat die Ortschaft Inger dem waldbedeckten Höhenrücken zwischen Jabach und Auelsbach den Namen Ingerberg gegeben. Danach wurde dann der Hof benannt, der am Abhang zum Jabach ungefähr gegenüber der Einmündung der Haiberger Straße auf die Jabachtalstraße lag. „Hennes up ynerberch“ zählte zu den Mitgliedern der Birker Marienbruderschaft, die 1503 gegründet wurde.
Im Jahre 1563 wird im Protokollbuch der Kirchscheider Hofgedinge ein „Hennes am ingerberch“ genannt, der wegen eines Besitztums zu Pützrath an das Hofgericht zu Kirchscheid Abgaben zu leisten hatte.
Spätestens 1644 ist der Freihof „ufm Ingerberg“ im Besitz der Familie von Reven; denn im Rentund Lagerbuch des Amtes Blankenberg von 1644 heißt es: „Item Junker Reven hat noch ein Hof ufm Ingerberg gelegen, so frey ist und in die Hontschaft Lhoemar gehörich. Woraufer zu Feit gehet 1 Pfert“.
Im Limitenbuch des Amtes Blankenberg, hier Kirchspiel Lohmar (Siehe Anhang 20), vom 14. 7.1644 wird der Ingerberger Hof, und zwar der Ingerbergerß Bornen (Brunnen) bzw. der Ingerberger Poell (Wasserloch) als gemeinsamer Grenzpunkt der Honschaften Lohmar, Haiberg und Inger genannt.
Auch in den „Erbhuldigungslisten“ des Jahres 1666 wird der „halft ufm Ingerbergh“ genannt.
In den sog. „Pele-mêle Notizen“ zur Chronik von Lohmar bekundet Max von Reven (Siehe Burg Lohmar, Seite 144), daß er 1672 Besitzer von Haus und Hof Ingerberg ist, zu dem 20 Morgen Land, 4 Morgen Wiese, 42 Morgen Busch und 17 Morgen Biesen (Biesen = Binsen, riedartige Grasfläche; hier vielleicht Wiesen in der Lohmarer Buchbitze oder/und im Jabachtal) gehören.
Ein altes Grabkreuz an der Südseite der Lohmarer Leichenhalle trägt die Inschrift: „J.H.S. AD 1694 den 11. August starb die dugendsame Anna auf dem Ingerberg ggD“.
Im Wertierund Lagerbuch von Inger aus dem Jahre 1711 ist der Ingerberger Halffen als Grenznachbar zur Honschaft Inger vermerkt.
Ein solches Buch aus der Honschaft Haiberg von 1738 bringt als Grenzbezeichnung „die underste mahr wieß vorg. Ingerbergerhoff“.
Aus dem Wertierbuch von Lohmar aus dem Jahre 1746 geht hervor, daß ein „Adolf Hagen aufem Ingerberg“ den Hof besaß, und daß „auß diesem gut die Korfs Erben gekauft haben ein Viert, busch in Ingerbergh“.46 Ferner wird ein Joes adolf Ingerberg als Nachfolger der Peter Rötgen Erben genannt.
Weitere Namensbelege finden wir 1715 auf der Ploennis-Karte als Freyhof Engerberg (K 9) und 1790 auf der Wiebeking-Karte (K 10). Danach tritt der Hof nicht mehr in Erscheinung. Folglich muß er um die Wende zum 19. Jahrhundert aufgegeben worden sein. Von diesem Hof sind heute lediglich Reste der Fundamente des sog. Ingerbergskeller und -bornen erhalten. Wahrscheinlich hat dieser Hof auch einer Familie den Namen gegeben (siehe oben Joes adolf Ingerberg). In Troisdorf sind 1757 ein Peter Ingerberg und 1822 zwei Landwirte mit dem Namen Johann Ingerberg ansässig.
Quelle: Siedlungs und Heimatgeschichte der Gemeinde Lohmar von Stud.-Direktor Wilhelm Pape